Landfrauen Ortsverein Gunsleben

Das Brauchtum in Erinnerung gebracht

  

Der am 19. Juni 1996 gegründete Landfrauen-Ortsverein Gunsleben e.V. existierte bis zum 1. Januar 2017. In seinem insgesamt 21jährigen Bestehen gehörte er zu jenen Organisationen, die wie der SV Gunsleben 1960 mit seinen Tischtennis-Mannschaften den Ort über die Kreisgrenzen hinaus bekannt machten. Deshalb verdient es dieser Verein, wegen seiner Verdienste in der Ortsgeschichte verankert zu werden. 

Es waren die Frauen Irmgard Heine, Marlies Schlegel, Evelyn Kasper, Margarete Wartmann, Gisela Behrens, Anneliese Rutsch, Elvira Pfeiffer und Heidemarie Günther, die sich am genannten Gründungstag zum Landfrauen-Ortsverein e.V. zusammenschlossen. Später kamen Carola Schwieger, Gerda Thormeyer, Ruth Keske, Heidemarie Roloff und Ingrid Hoffmann dazu. Zur Vorsitzenden wurde Irmgard Heine gewählt. Den Anreiz zur Vereinsgründung lieferte Heidemarie Günther, die nach einer ersten Kontaktaufnahme mit einer namentlich bekannten Landfrau aus dem benachbarten Niedersachsen die Gründung eines Ortsvereins für Landfrauen auch in Gunsleben anregte. Das Ziel des Ortsvereins bestand vorrangig in der Pflege alter Traditionen und Bräuche. So entstand in Gunsleben der erste Landfrauen-Ortsverein im Bördekreis.   Zu den ersten Vereinsaktivitäten gehörte die Wiederaufnahme des alten Brauchs des Erntekronenbindens. Das Binden und Schmücken der Kronen erforderte Können, Akribi und Phantasie. Unter fachmännischer Anleitung niedersächsischer Landfrauen wurde 1997 die erste Erntekrone selbständig gebunden und zum 1. kreisinternen Erntekronen-Wettbewerb eingereicht, der in Wanzleben veranstaltet wurde. Auf Anhieb wurde hier ein beachtenswerter 2. Platz errungen. 

 

 

In der Folgezeit entstanden weitere Erntekronen und 1998 wurde im Landes Erntekronenwettbewerb der 1. Platz belegt. Danach erfreuten sich die jährlich neugebundenen Erntekronen aus Gunsleben zunehmender Beliebtheit und Anerkennung. So verwundert es nicht, dass sie u.a. den Magdeburger Dom, das Landratsamt des Bördekreises, die Zuckerfabriken Braunschweig und Klein Wanzleben als Betriebe der Nordzucker AG, die Verwaltungsgemeinschaft Gröningen sowie weitere öffentliche Gebäude, Kirchen und Seniorenheime schmückten. Selbst bekannte Politiker freuten sich über persönlich überreichte Exemplare wie u.a. der damalige Ministerpräsident Sachsen-Anhalts, Reinhard Höppner (SPD), der frühere Verkehrs- und Bauminister Karl-Heinz Daehre (CDU) aus Langenweddingen und der 1. Landrat des Bördekreises Burkhard Kanngießer (SPD) aus Oschersleben. In ihren Arbeiten wurden die Landfrauen aus Gunsleben von Sponsoren aus Beckendorf und Gunsleben unterstützt, die außer dem gesponserten Getreide auch wichtige Hinweise zu dessen Verarbeitung zu Erntekronen gaben.

 

 

Im Jahre 1999 banden die Gunslebener Landfrauen erstmals einen Maienkranz um einen vom Schmied Klaus Albrecht gesponserten Metallreifen mit einem Durchmesser von 3,50 Meter. Bis zur 900-Jahrfeier im Jahre 2012 schmückten die Landfrauen aus Gunsleben diesen riesigen MaienKranz. Dazu wurden die notwendigen Schmuckelenente wie Schleifenbänder und anderes Dekorationsmaterial selbst entworfen und gefertigt.

 

Wegen vereinsinterner Querelen stellte der Ortsverein die Ausschmückung dieses großen Kranzes wieder ein. Diese Aufgabe übernahmen Frauen aus Gunsleben, die nicht oder nicht mehr Mitglieder des örtlichen Landfrauen-Vereins waren. Dazu zählten Inge Pfaff, Andrea Bock, Gerda Walda, Heike Libor und Elvira Pfeiffer. 

 

Zu den weiteren Aktivitäten der Landfrauen gehörte die Mitausgestaltung der "Offenen Höfe'. Außerdem bereicherten sie auch mehrere Dorffeste in anderen Gemeinden und nicht zuletzt den jährlich in Oschersleben ausgerichteten "Tag der Regionen" mit ihren Handarbeiten, zumeist gebundene Heu- und Hortensien-Sträuße und Gestecke aus anderen Naturmaterialien. Auch mit Kuchenbuffets waren die Landfrauen aus Gunsleben präsent. Es wurde auch zur Tradition, den Sitzungssaal des Landratsamtes in Oschersleben in der Triftstraße zu jeder Jahreszeit neu zu schmücken. Derartige Aktionen bewirkten öffentliche Lobesworte verschiedener Vertreter des Öffentlichen Lebens, darunter auch mehrfach Landrat Burkhard Kanngießer.

 

Ein anderes Gebiet, auf dem die Landfrauen aus Gunsleben aktiv wurden, waren Veranstaltungen zu Fragen einer gesunden Ernährung vor allem der Kindergarten-Kinder wie z.B. in der KITA "Sonnenschein" Hamersleben. Realisiert wurden diese Vorhaben z.B. über einen "Tag der Milch", einen "Tag des Plätzchenbackens" sowie die Gestaltung von Dekoration für den Weihnachtsbaum. 

Mit Aktionen wie die Mitgestaltung von Weihnachts-Gottesdiensten und Krippenspielen wurden weitere Betätigungsfelder gefunden. In ihrer vielseitigen und schöpferischen Arbeit wurde der Landfrauen-Ortsverein durch Zuschüsse der Sparkassenstiftung Kreissparkasse "Börde" und des Evangelischen Kirchenamtes unterstützt. 

 

Im September 2011 fertigten die Landfrauen ihre letzte Erntekrone  für den früheren Verkehrs- und Bauminister Karl-Heinz Daehre (CDU) an.

 

Besonders stolz waren die Landfrauen über die Wieder-Ingangsetzung der Gunslebener Kirchturmuhr, die 14 Jahre geschwiegen hatte. Im Jahre 2012, dem Jubiläumsjahr, war der so lange entbehrte Klang dank der Reparaturarbeiten des Beauftragten Herrn Peter Stöber aus Ottleben wieder zu hören. Dass auch die Gunslebener Kirche regelmäßig von den Landfrauen gereinigt wurde, war schon selbstverständlich. Außerhalb Sachsen-Anhalts machte sich der Landfrauenverein auf der EXPO 2000 in Hannover einen Namen. Hier kredenzten Heidemarie Günther, Irmgard Heine und Gisela Behrens ein leckeres Mahl mit Schmorbraten und verwendetem Altbier. Damit präsentierten sie ein Rezept aus einem Kochbuch, das Landfrauen aus Sachsen-Anhalt unter Mitwirkung von Irmgard Heine und Heidemarie Günther verfasst hatten. Zur Vereinspflege gehörten auch Reisen innerhalb Deutschlands und ins Ausland, z.B. nach Wien.

Trotz aller Erfolge war das Ende der Vereinstätigkeit abzusehen, So verstarben Marlies Schlegel, Gisela Behrens, Anneliese Rutsch und Carola Schwieger, gesundheitliche Probleme machten anderen Mitgliedern zu schaffen, Marlene Tondera und Elvira Pfeiffer traten aus persönlichen Gründen aus dem Ortsverein aus. Neue Mitglieder vor allem aus dem Nachwuchs konnten nicht gewonnen werden. All das ließ ausgerechnet zum 20jährigen Vereinsjubiläum erstmals den Gedanken aufkommen, den Landfrauen-Ortsverein Gunsleben e.V. aufzulösen. Das geschah dann auch schweren Herzens zum 1. Januar 2017, womit dieser Verein wieder Geschichte war. 

 

Margarete Wartmann (li.) und Irmgard Heine mit den gesammelten Unterlagen der Gunsleber Landfrauen.
Margarete Wartmann (li.) und Irmgard Heine mit den gesammelten Unterlagen der Gunsleber Landfrauen.

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verzogen: P. Behringer, U. Deneke, H. Günther, I. Hoffmann, E. Kasper; M. Wartmann

verstorben: G. Behrens, A. Rutsch, M. Schlegel, C. Schwieger, E. Pfeiffer (nach Austritt) 

verblieben: I. Heine, G. Thormeyer, H. Roloff, R. Keske,  (nach Austritt M. Tondera) 

 

In einem Nachruf würdigte die "Volksstimme' im Lokalteil ihrer Ausgabe vom 15. Februar 2017 nochmals das verdienstvolle Wirkens dieses Vereins, das in der Geschichte des Ortes unvergessen bleibt.  mehr lesen