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Margarete Wartmann (li.) und Irmgard Heine mit den gesammelten Unterlagen der Gunsleber Landfrauen. Foto: Marlies Müller
Margarete Wartmann (li.) und Irmgard Heine mit den gesammelten Unterlagen der Gunsleber Landfrauen. Foto: Marlies Müller

Gunsleber Verein löst sich auf

 

Volksstimme 14.02.2017 von Marlies Müller
Gunsleben. Der Landfrauenverein in Gunsleben wurde aufgelöst. Nach 20 Jahren haben die wenigen verbliebenen Frauen diese Entscheidung getroffen. Irmgard Heine und Margarete Wartmann ließen kürzlich in Gedanken noch einmal all die langen Jahre Revue passieren.

 „Der Gründungstag am 19. Juni 1996 ist auch heute noch ein wichtiges Datum für mich“, berichtete die Vorsitzende Irmgard Heine, die zusammen mit den Gründungsmitgliedern Heidemarie Günther, Marlis Schlegel, Evelyn Kasper, Margarete Wartmann, Gisela Behrens, Anneliese Rutsch und Elvira Pfeiffer einen der ersten Landfrauenvereine im Bördekreis ins Leben rief.
Den Anreiz für die Gründung lieferte Heidemarie Günther, die den Kontakt zu einer niedersächsischen Landfrau hergestellt hatte. „Alte Tradition und Brauchtumspflege sollten sich auch im Landkreis Börde wieder entwickeln“, so Irmgard Heine. Weitere Frauen fanden sich schnell zusammen. Bereits wenige Wochen später fertigten die Gunsleber Frauen unter fachmännischer Anleitung der niedersächsischen Landfrauen ihre erste eigene Erntekrone an und belegten damit den 2. Platz beim Erntekronenwettbewerb in Wanzleben.

Erntekronen für Politiker gebunden

Schon ein Jahr später freuten sie sich über den 1. Platz beim Erntekronenwettbewerb der Landfrauen in Sachsen-Anhalt. „Wir hatten großen Spaß am Binden und der Gestaltung unserer Kronen“, erinnerte sich auch Margarete Wartmann, denn im Laufe der Jahre wurden die großen und kleinen Unikate zu echten Hinguckern an vielen Orten. So am Magdeburger Dom, dem Landratsamt des Bördekreises, der Zuckerfabrik Klein Wanzleben und in Braunschweig, außerdem waren sie in Verwaltungsgemeinschaften oder auch Seniorenheimen zu sehen.
Selbst Politiker, wie Reinhard Höppner, Karl-Heinz Daehre oder der damalige Landrat Burkhard Kanngießer freuten sich über persönliche Exemplare aus Gunsleben.
„Wir haben im Laufe der Jahre sehr viele Erntekronen gebunden und dafür jede Menge Getreide verarbeitet“, erinnerte sich Irmgard Heine und verwies auf langjährige Sponsoren aus Gunsleben und Beckendorf, die die Ortsgruppe mit Weizen, Gerste, Hafer und Roggen versorgt haben. „Die Landwirte gaben uns über den richtigen Zeitpunkt zum Schneiden immer Bescheid“, klärte Irmgard Heine weiter auf. So waren die Gunsleber Frauen oftmals in den Abendstunden auf den Getreidefeldern unterwegs, um ihre Arbeitsgrundlage zu schneiden, und einzulagern. Schleifenbänder und Dekomaterial wurde nach Bedarf besorgt, wobei die Erntekronen nicht nur nach eigener Kreativität, sondern in Wunschfarben gefertigt wurden.

Wissen an Kinder weitergegeben

Im Laufe der Jahre zählte die Landfrauengruppe bis zu 14 Frauen, die neben dem Binden von Erntekronen auch weitere Aufgaben übernommen haben. Mit ihrem Wissen im Gepäck besuchten sie die Kindertagesstätte in Hamersleben sowie Grundschulen und stellten zusammen mit den Kleinen kleine Erntekronen her. Die Mitarbeit an Projekten, wie beispielsweise zum Tag der Milch, gesunde Ernährung und das gesunde Frühstück führte die Ortsgruppe zu zahlreichen Veranstaltungen im Bördekreis. Langeweile kam nie auf, denn die Unterstützung zum jährlichen Tag des offenen Hofes in Beckendorf, in Großalsleben und Völpke, die Feldtage von Agrargenossenschaften oder zahlreiche Jahresfahrten zu Landfrauentreffen innerhalb Deutschlands und über die Landesgrenze hinweg, sorgten für ein interessantes und aktives Vereinsleben.
Als besonderen Höhepunkt nannte Irmgard Heine den Besuch der Expo 2000 in Hannover, denn hier haben die Gunsleber Landfrauen Heidemarie Günther, Gisela Behrens und Irmgard Heine ein leckeres Essen mit Schmorbraten und Altbier gekocht. Sie präsentierten damit ein Rezept aus einem ganz besonderen Kochbuch, das Landfrauen aus Sachsen-Anhalt zusammengestellt hatten.
Doch nicht nur die Brauchtumspflege nach alter Landfrauentradition gehörte zur Arbeit der Gunsleber Ortsgruppe, denn die Damen haben sich bis zum Jahr 2015 auch um die Gunsleber Kirche gekümmert und zeigten sich für die Vorbereitung von Veranstaltungen sowie die Reinigung des Gotteshauses verantwortlich. „Über von uns beantragte Fördergelder wurde es möglich, die Kirchturmuhr nach 14 Jahren Stillstand wieder in Gang zu bringen“, berichtete Irmgard Heine, verwies zudem auf die Reparatur der Kirchenglocke und der Erneuerung von Dachrinnen und der Elektrik.

 

Zuletzt nur noch 8 Mitglieder

Im letzten Jahr bestand die Gunsleber Ortsgruppe nur noch aus acht Mitgliedern, vier davon wohnen auswärts. Mehrere Frauen waren zwischenzeitlich verstorben oder erkrankt. So reifte unter den verbleibenden Mitgliedern bereits zum 20-jährigen Jubiläum im Juni 2016 der Gedanke, den Verein aufzulösen. „Zu wenig Mitglieder, gesundheitliche Probleme und fehlender Nachwuchs machen eine aktive Vereinsarbeit unmöglich“, bedauerte Irmgard Heine.
Der Entschluss zur endgültigen Auflösung ist den Frauen wahrhaftig nicht leichtgefallen, dennoch sahen die Mitglieder keine andere Möglichkeit mehr. „Unser Dank geht an dieser Stelle an alle Landfrauen des Kreisvereines Börde und der Landesgeschäftsstelle in Magdeburg für die langjährige Unterstützung“, betonte Irmgard Heine. Die vielen gemeinsamen Jahre werden den Frauen in Erinnerung bleiben, denn noch heute zeigen die dekorativen Hinterlassenschaften an vielen Orten das Zeugnis ihrer Arbeit. Kontakte zwischen den Landfrauen wird es auch weiterhin geben und sollte in Sachen „Erntekrone“ einmal Hilfe nötig sein, so sind Irmgard Heine und ihr einstiges Team auch heute noch der richtige Ansprechpartner.

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